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Mysterium um AfterEllen.com

Vor drei Wochen wurde bekannt, dass die Webstie für lesbischen popkulturellen Inhalt AfterEllen.com schließt. Eine Ära von Medien-Produktion in der Nische geht damit zu Ende, entsprechend groß war der Aufschrei in den USA, aber auch in Europa (meine Auseinandersetzung damit hier).

 

Dann war auf AfterEllen.com zu lesen: Nee, stimmt gar nicht, wir machen weiter, aber anders. Und 2015 erklärte der Co-Gründer des Betreibers Evolve Media, Brian Fitzgerald, zum Thema: "We just did our 2015 audit, and AfterEllen, TotalBeauty and DogTime grew traffic 48%within one year, and revenue by more than 100%. We were able to achieve those milestones while still reducing headcount by more than 50%. (...) That’s how I can amplify revenue. I’m not adding any salespeople, I’m just giving the team another great product to sell." Und genau letzteres hat wohl nicht geklappt, oder jedenfalls nicht mit Trish Bendix's Richtung "to sell with unique content". Es sah sehr danach aus, dass man vor allem Chefredakteurin Trish Bendix loswerden wollte.

 

Erst vor drei Tagen war dann bei quartz.com zu lesen, dass AfterEllen.com doch dicht macht. Wie denn nun, geht es weiter oder nicht? Ging es nur darum, jemand in Führungsposition loszuwerden, damit man die Richtung ändern kann? Wird die Richtung geändert? Oder wird nicht eher so Content reduziert und der wenigere Content stromlinienförmiger?

 

Das Problem mit dem ausbleibenden Wachsen in der Nische ist freilich ein Stückweit auch selbstgemacht, wenn man nicht investiert, auch im Medien-Bereich. Wenn Fitzgerald sagt, er brauche keine zusätzlichen "salesmen", dann irrt er. Gerade im Online-Bereich ist Zielgruppen-Targeting in der Werbung ziemlich erfolgreich - aber dafür braucht man eben einen langen Atem und direkten Kontakt zu potenziellen Werbetreibenden. Die sind da, auch im Bereich lesbische Frauen. Klar haben Schwule mehr Kaufkraft. Aber gerade in Los Angeles gibt es einige einflussreiche Lesben mit großer Kaufkraft. Jetzt sind dafür Anzeigen auf der Website, die für Donald Trump werben - der offen homophob auftritt.

 

Für Sarah Warn, die AfterEllen.com mal gründete, ist das alles auch ein Ergebnis davon, dass Frauen und Lesben im besonderen nicht als werbewirksam und vor allem nicht als Konsumentinnen eingestuft werden, weil sie jahrzehntelang als unsicher, arm, schüchtern, hässlich, nicht erfolgreich dargestellt wurden. Laut "quartz" schrieb sie u.a. in einer Reihe von Facebook-Posts: "Over the last decade or so, TV and movies have begun to portray some lesbians as wealthy businesswoman, for example, or moms, or both, but for decades prior we’ve generally been portrayed by the media as scared teenagers or angry outsiders who are often just getting by financially, or too busy protesting something to spend money on things like toothpaste, nice clothes, or a mortgage (when we weren’t being portrayed as deviants or criminals). Years of that kind of repeated stereotyping has had a mostly negative effect on how Americans perceive lesbian/bi women, including advertisers. This is one of the reasons ‘visibility matters’ was the original slogan of the site."

 

Dem ist nichts mehr hinzuzufügen. Auch wenn die Männer im Marketing, Publishing, in Führungspositionen in Verlagen und in der Werbewirtschaft schwul sind, heißt das noch lange nicht, dass das auch lesbischen Frauen bzw. lesbischen Medien nutzt.

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